Laufleistung
Generell findet man in der Rechtsprechung die Linie,
dass Abweichungen von der vom Versicherungsnehmer
angegebenen zur tatsächlichen Laufleistung
grundsätzlich nur dann als erheblich angesehen
werden, wenn es sich um mindestens 1.000 Kilometer
handelt und die Abweichung oberhalb von 10% liegt
(vgl. etwa BGH VersR 2007, 173).
Geringere
Abweichungen bewegen sich noch im Toleranzbereich, bei
dem es bereits deshalb an einer
Obliegenheitsverletzung fehlt, weil hierdurch
berechtigte Belange des Versicherers zur Feststellung
der Höhe des Wiederbeschaffungswertes nicht berührt
werden (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 27. April
2006 - 8 U 16/06 -).
Zahlreiche Einzelfallentscheidungen liegen auf
dieser Linie, von der es aber in besonderen Fällen
Abweichungen gibt.
Der Grundsatz wird aber auch bestätigt von
Entscheidungen, in denen jedenfalls das erhebliche
Verschulden im Sinne der Relevanzrechsprechung
verneint wurde bei Abweichungen von weniger als 10%
(OLG Köln SP 2001, 424: 92.000 km gegenüber ca.
99.000 km).
Keine relevante Falschangabe wurde ferner
angenommen bei 130.000 km statt 137.000 km bei einem
fünf Jahre alten Pkw (OLG Hamm MDR 1996, 473).
Laufleistung
Der Kläger hat durch vorsätzlich falsche Angaben zur
Gesamtlaufleistung seines entwendeten Fahrzeugs eine
relevante Obliegenheitsverletzung begangen, in deren
Folge die Beklagte gemäß § 7 I Abs. 2 S. 3, V Abs.
4 AKB i. V. m. §§ 6 Abs. 3, 34 VVG von ihrer
Leistungspflicht frei geworden ist.
Gemäß § 6 Abs.
3 S. 1 VVG i. V. m. § 7 V Abs. 4 AKB verliert der
Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz, wenn er
eine nach Eintritt eines Unfalls zu erfüllende
Obliegenheit verletzt, es sei denn, dies ist weder
vorsätzlich noch grob fahrlässig geschehen.
Die als
Allgemeine Geschäftsbedingungen zu betrachtenden
Regelungen des § 7 AKB, welche dem
Versicherungsnehmer auferlegen, alles zu tun, was zur
Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des
Schadens dienlich sein kann (§ 7 I Abs. 2 S. 3 AKB),
und an die Verletzung dieser Obliegenheit die
Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nach Maßgabe des §
6 Abs. 3 VVG knüpfen (§ 7 V Abs. 4 AKB) sind
wirksamer Vertragsbestandteil des zwischen den
Parteien abgeschlossenen Versicherungsvertrags
geworden.
Sie sind weder unklar (§ 305 c BGB) noch
intransparent (§ 307 BGB), noch halten sie aus
sonstigen Gründen einer Inhaltskontrolle nicht stand
(Senat, Urt. v. 20.04.2005 - 5 U 506/04-55 - ZfSch
2005, 446).
Oberlandesgericht Saarbrücken,
Urteil vom
09.01.2008 - 5 U 281/07-24 = BeckRS 2008 10666
Laufleistung
Wenn der Versicherungsnehmer die
Laufleistung des als gestohlen behaupteten Kfz. in der
Schadenanzeige mit 87.000 km angegeben hat, obwohl er
die Laufleistung in einem Schriftsatz mit 106.000 km
beziffert hat und die Laufleistung nach weiteren
Anhaltspunkten noch höher gewesen ist, liegt objektiv
eine Obliegenheitsverletzung vor.
Die gesetzliche
Vermutung einer vorsätzlichen Verletzung der
Auskunftsobliegenheit gemäß § 6 III VVG a.F. ist
nicht dadurch widerlegt, dass der Versicherungsnehmer
behauptet, die von ihm angegebene Laufleistung habe
der Auskunft eines Autohauses entsprochen und diese
Behauptung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht
als zutreffend angesehen werden kann.
Die
Voraussetzungen der Relevanz-Rechtsprechung sind
erfüllt (generelle Eignung zur ernsthaften
Gefährdung der Interessen des Versicherers und
erhebliches Verschulden).
Dann ist der Versicherer bei
ausdrücklicher und zutreffender Belehrung des
Versicherungsnehmers über die Folgen bewusst unwahrer
oder unvollständiger Angaben von der Verpflichtung
zur Leistung frei.
Oberlandesgericht Köln,
Urteil vom 08.04.2008 - 9 U
157/07 = BeckRS 2008 12783
Laufleistung
Der wegen eines Diebstahls in Anspruch genommene
Versicherer einer Kfz.-Teilversicherung wird wegen
einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit
leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die
Laufleistung des Fahrzeugs mit 120.000 km angibt,
obwohl das Fahrzeug bei einer TÜV-Vorstellung 4
Monate vorher eine Laufleistung von 126.063 km hatte.
Landgericht Görlitz,
Urteil vom 25. 8. 2004 - 4 O
792/03 = NJOZ 2005, 1135
Laufleistung
Die Versicherung ist nach § 7 V Abs. 4 AKB i. V. mit
§ 6 Abs. 3 VVG wegen vorsätzlicher
Obliegenheitsverletzung dem Kläger gegenüber
leistungsfrei. Der Kläger hat objektiv falsche
Angaben zumindest zur Laufleistung des Wagens und zu
reparierten Vorschäden gemacht.
Er hat auf die Frage
nach der "Gesamtfahrleistung" des Wagens
eingetragen "8.000 KM". Hingegen hatte das
Fahrzeug tatsächlich schon bei Abschluss des
Versicherungsvertrages im Dezember 2003 eine
Laufleistung von 16.000 km, wie der Kläger zutreffend
im Versicherungsantrag angegeben hatte und wie in den
Versicherungsschein übernommen wurde.
Es kann nicht
angenommen werden, dass die Beklagte durch die
Falschangabe nicht getäuscht werden konnte, weil bei
Vertragsschluss andere Angaben erfolgt waren.
Es ist
hier nicht ersichtlich und kann auch nicht als üblich
angenommen werden, dass der Schadenssachbearbeiter bei
Eingang und Bearbeitung einer Schadensanzeige auch die
Angaben vorliegen hat, die bei Vertragsschluss gemacht
werden.
Oberlandesgericht Köln,
Urteil vom 05.06.2007 - 9
U 37/06 = BeckRS 2007 13382
Laufleistung
Wenn die Fragen "Km-Stand am Schadentag" und
"Gesamte Laufleistung am Schadentag" beide
mit "ca. 9.000" beantwortet wurden, das
versicherte Motorrad aber schon bei seinem Erwerb 6
Monate vorher in etwa diesen Km-Stand hatte und
tatsächlich zum Zeitpunkt der behaupteten Entwendung
eine Laufleistung zwischen 12.000 und 13.000 km hatte;
ist von vorsätzlicher Verletzung der
Auskunftsobliegenheit des § 7 Ziffer I Nr. 2 S. 3 AKB
auszugehen.
Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 16.10.2007 - 9 U
244/06 = BeckRS 2008 05664
Laufleistung
Wenn der Versicherungsnehmer im Fragebogen zu einer
Kfz-Entwendung die Laufleistung des Kfz mit 73.000 km
angegeben hat, obwohl sie tatsächlich 77.119 km
betrug, ist diese Obliegenheitsverletzung nicht
generell geeignet, die Interessen des Versicherers
ernsthaft zu gefährden, weil die Abweichung weniger
als 10% beträgt.
Oberlandesgericht Köln,
Urteil vom 10.06.2008 - 9 U
226/07 = BeckRS 2009 04337
Laufleistung
Bei einem neuen Motorrad kann eine für
den Versicherer gem. § 6 III VVG leistungsbefreiende
Obliegenheitsverletzung erst angenommen werden, wenn
die Angabe des Versicherungsnehmers zur Laufleistung
mit "ca. 2.400 km" um mindestens 1.000 km zu
gering war.
Oberlandesgericht Celle,
Urteil vom 12.06.2008 - 8 U
44/07 = BeckRS 2008 13978
Laufleistung
Unrichtige Angaben zur Laufleistung des versicherten
Fahrzeuges werden in der obergerichtlichen
Rechtsprechung regelmäßig erst dann als erheblich
angesehen, wenn es sich um eine Abweichung von
mindestens 1.000 Kilometern handelt und diese oberhalb
von 10% der Gesamtfahrleistung liegt.
Im Streitfall
beträgt die Differenz lediglich rund 3%; der Kläger
hat in dem Schadensformular vom 12. Juni 2007 (Kopie
GA I 62) "ca. 93-94.000 km" angegeben und
nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Wert von
96.391 km zutreffend sein.
Oberlandesgericht Brandenburg,
Urteil vom 22.04.2009 -
3 U 74/08 = BeckRS 2009 11311
Laufleistung
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Abweichungen
der Kilometerleistung von mehr als 10% generell
geeignet sind, die berechtigten Interessen des
Versicherers ernsthaft zu gefährden; denn es liegt
auf der Hand, dass sich eine solche Kilometerdifferenz
nicht nur marginal auf den Wert auswirkt (OLG
Saarbrücken RuS 2005, 322; OLG Köln, RuS 2000, 145;
OLG Hamm RuS 1997, 1; Beckmann/Matusche-Beckmann,
Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 30, Rn. 177
m. w. N.).
Unstreitig hat im vorliegenden Falle der
Anspruchsteller die für die Wertbemessung relevante
Frage nach der Laufleistung falsch beantwortet, indem
er in das Schadensanzeigeformular anstelle der
jedenfalls zurückgelegten 181.500 km lediglich 29.500
km eingetragen hat.
Bei dieser gravierenden Abweichung
vermag das hinzugefügte "ca." die Bewertung
der Angabe als falsch nicht auszuschließen.
Landgericht Dortmund,
Urteil vom 15.04.2009 - 22 O
71/08 = BeckRS 2009 18345
zurück
|